Werbeanruf-Kanzlei

Das Urteil des Landgerichts Kleve: Einmaliger Werbeanruf bei einer Kanzlei ist nicht rechtswidrig

31. Mai 2023

Das Landgericht Kleve hat in einem Urteil festgestellt, dass ein einmaliger Werbeanruf bei einer Kanzlei nicht gegen das geltende Gesetz verstößt, sofern eine mutmaßliche Einwilligung besteht. In diesem Fall hatte ein Angestellter der Beklagten, einer Firma, die kostenpflichtige Einträge in ein Branchenbuch anbietet, einen Anwalt kontaktiert, um für einen bezahlten Eintrag in einem Anwaltsportal zu werben. Der Anwalt klagte daraufhin, um ein gerichtlich Unterlassung durchzusetzen, da er vor Kontaktaufnahme nicht ausdrücklich in den Werbeanruf eingewilligt hatte.

 

Keine rechtswidrige Handlung

Das Klever Gericht entschied gegen ein Unterlassungsanspruch des Klägers, da der Anruf nach Ansicht des Gerichts nicht rechtswidrig war. Die Begründung dafür ist dass Geschäftsleute generell offener gegenüber unerwarteten Werbeanrufen sind als Verbraucher. Es ist zu erwarten, dass sie solche Anrufe von potenziellen Geschäftspartnern empfangen und dies vor allem aus ihrem eigenen geschäftlichen Interesse. Daher kann man annehmen, dass Kontaktaufnahmen, die auf einem objektiven Interesse der angerufenen Person basieren, zulässig sind.

 

Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung

Der Anruf des Mitarbeiters der Beklagten an den Anwalt war nicht zufällig, um für das Produkt zu werben, sondern erfolgte aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit. Der Mitarbeiter kontaktierte den Anwalt, um ihm den Eintrag in das Anwaltsportal anzubieten, in der Annahme, dass der Anwalt daran interessiert sein könnte. Das Gericht setzte in diesem Fall nicht einmal eine konkludente Einwilligung voraus, es war ausreichend, dass eine mutmaßliche Einwilligung bestand. Aufgrund des sachlichen Zusammenhangs zwischen Produkt und Tätigkeit als Anwalt, konnte der Anrufer annehmen, dass der Anwalt dem Anruf positiv gegenübersteht. Denn das Interesse, Werbemöglichkeiten für die eigene berufliche Tätigkeit zu erkunden, ist bei jedem Geschäftsmann gegeben. Darüber hinaus sind kostenpflichtige Einträge in ein Anwaltsportal eine gängige Werbemöglichkeit, was die Annahme einer positiven Haltung weiter unterstützt.

Das Gericht sah ein geringes Maß an Belästigung und daher bestätigte die Annahme, dass ein solcher Werbeanruf nicht das Verbot nach § 7 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) rechtfertigt, sondern vielmehr eine mutmaßliche Einwilligung vorhanden ist und somit kein Verbot besteht. Laut § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG gilt:

 

„Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung.“

 

Keine Verletzung der allgemeinen Persönlichkeitsrechte

Des Weiteren stellte das Gericht fest, dass es keine Verletzung der allgemeinen Persönlichkeitsrechte gab. Der Grund dafür ist, dass der Anruf geschäftlicher Natur war und sich auf die beruflichen Aktivitäten des Anwalts bezog, ohne dessen persönlichen Schutzbereich, d.h. seine Privatsphäre, zu verletzen. Der Anwalt behauptete im Gerichtsverfahren, der Anruf habe seine Arbeit gestört, aber das Gericht sah das nicht als gegeben an, denn als Geschäftsmann muss er jederzeit mit Anrufen rechnen. Das Gericht argumentierte weiterhin, dass selbst wenn der Anruf als eine Störung der Arbeit betrachtet würde, diese so geringfügig in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte eingreift, dass der Anruf in Gänze dennoch nicht als rechtswidrig angesehen würde.

 

Werbeanrufe sind demnach nicht generell durch § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG verboten. Bei Werbeanrufen hängt es stark davon ab, ob sich eine mutmaßliche Einwilligung annehmen lässt. Dies kann durch allgemein anerkannte Verhaltensmuster einer Personengruppe, wie hier der Anwälte als Geschäftsleute, gerechtfertigt werden, aber auch der Zusammenhang von Produkt und Tätigkeit kann relevant sein. Vor dem Werbeanruf sollte folglich geprüft werden, ob tatsächlich von einer mutmaßlichen Einwilligung ausgegangen werden kann.